Lesen im August

Die Länge des Sommers wirkt schier nicht enden wollend, daher gibt es noch ein paar Buchtipps der Bibliothek:

Ana Magdalena Bach ist eine Frau, die ein glückliches und dem Anschein nach ein erstrebenswertes Leben lebt. Jedes Jahr fährt sie im August auf eine Karibikinsel, um das Grab ihrer Mutter zu besuchen und dort einen Strauß Blumen niederzulegen. Der Roman begleitet die Protagonistin durch einige Jahre und legt mit jedem Jahr im August und der scheinbar altbekannten Reise eine neue Schicht der facettenreichen Frau und ihres Lebens offen. Der Roman Wir sehen uns im August ist ein posthum erschienenes Werk von Gabriel Garcia Marquez, welches er vernichtet wissen wollte, jedoch entschieden sich seine Söhne gegen seinen Wunsch. Ein aufwühlender Roman, der die Vielschichtigkeit des Menschen und die Bedürfnisse des Entkommens aus dem perfekt anmutenden Leben anskizziert.

Das neue Buch Altern von Elke Heidenreich eröffnet der lesenden Person die Möglichkeit, in die Gedankenwelt der Einundachtzigjährigen einzudringen. Mit Witz und vielen Zitaten sowie Anspielungen führt die Autorin gekonnt ihre Leserschar durch das Altern und erzählt die Vielschichtigkeit eines langen Lebens und der paradoxen Veränderungen, welche mit diesem einhergehen. Die Grundhaltung, die der Mensch mit sich zu bringen benötigt, um im Alter dennoch vital zu bleiben, erscheint als das Gelungenste, was Elke Heidenreich in ihrem Leben zu verzeichnen hat. Das philosophisch anmutende Werk wirkt nebenbei wie eine Abhandlung der verschiedensten Literaten und Schauspieler der Welt über die unterschiedlichen Ansichten über das Altern. Nicht allem wird zugestimmt und nicht alles wird auseinandergenommen, aber unter die Lupe nehmen darf und muss erlaubt sein.

Elke Heidenreich eröffnet die Reihe der zehn großen Dinge des Lebens, welche im Laufe der nächsten Jahre im Hanser Verlag erscheinen werden.

Mein letztes Jahr der Unschuld von Daisy Alpert Florin

Florin erzählt die Geschichte der jüdischen Studentin Isabel Rosen. Aufgewachsen in den ärmlichen Straßen von New York als Tochter einer Künstlerin und einem Ladeninhaber eines Feinkostladens, wird die junge Frau mit dem Leben am College und mit neuen und fremden Realitäten konfrontiert. Im letzten Jahr ihres Studiums verändern sich ihre aufgebauten Freundschaften innerhalb des Campus zunehmend. Die Veränderung führt sie zurück auf ihre Entwicklung zur Lieblingsstudentin unter dem Einfluss ihres neuen Dozenten. Was zu Beginn einfach erscheint, wird fortschreitend komplexer. Der Roman beschreibt das Leben einer jungen Frau auf den Irrwegen, die das Leben bereithält und deckt nach und nach mit einer teilweise unangenehmen Genauigkeit den Facettenreichtum der Protagonisten auf. Zu Beginn scheint es ein klassischer New-Adult Roman zu sein, der mit jeder Seite tiefer in die menschlichen Abgründe vordringt. Die anfänglich sympathischen und liebreizenden Figuren zeigen ihre innerweltlichen Abgründe auf und entwickeln sich zu unglaublich menschlichen Figuren. Ein Roman für Personen, die gerne in ein umfangreiches Leben der ProtagonistInnen eintauchen.

Jahre mit Martha von Martin Kordic

Der fünfzehnjährige Željko Draženko Kovačević, von allen nur Jimmy genannt, lebt mit seiner Familie in einer kleinen Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Eines Tages lernt der lesebegeisterte und wissbegierige junge Mann die Arbeitgeberin seiner Mutter, Martha, kennen. Martha ist Professorin in Heidelberg und öffnet für Jimmy die Welt der akademischen Bildung. In den nächsten Jahren läuft Jimmy von der einen Abhängigkeit in die nächste und so ist es nicht verwunderlich, dass er nach dem Verlassen des Machtverhältnisses zu Martha in ein Machtverhältnis mit einem anderen Professor an der Universität stolpert. Der intelligente junge Mann absolviert ein Philosophiestudium, welches ihm beinahe zu misslingen scheint. In all den Jahren zieht sich nur die Liebe zum Schreiben und zur Literatur wie ein roter Faden durch sein Leben. Das Ende kommt unerwartet und dennoch hat es eine harmonische und abrundende Wirkung. Der Roman von Martin Kordic ist eine harmonische Mischung zwischen Coming-of-Age und Migrationsroman. Eine Leseempfehlung für Personen, die interessiert sind an einem jungen Außenseiter, der durch seine Leidenschaft zum Wissen an einen scheinbar unerreichbaren Ort gelangt. Ob dieser Ort sein Zuhause wird bleibt abzuwarten.  

25 letzte Sommer von Stephan Schäfer

Früh morgens an einem verschlafenen Samstag möchte der Ich-Erzähler zum ersten Mal im nahegelegenen See schwimmen gehen. Im Unterholz knackt es und ein splitterfasernackter Mann steht vor ihm. Dem Nackten ist die Situation nicht unangenehm, sondern dieser fühlt sich pudelwohl und zeigt tiefgreifendes Interesse an seinem Gegenüber. In dem entstehenden Gespräch motiviert der Nackte den Schwimmer ins kalte Nass zu gleiten. Der Sprung ins neue Unbekannte spinnt sich wie ein roter Faden durch die Geschichte.

 Karl, der nackte und ebenso offenherzige Kartoffelbauer trifft auf den verkopften Familienvater als, der seit Jahren rastlos ist. Diese Begegnung, die seinem Wochenende eine neue Richtung gibt, ändert auch sein Leben grundlegend. Der Debutroman von Stephan Schäfer zeichnet die Geschichte zweier Männer, die immer wieder durch ihre offene Art und Weise zu neuen Erkenntnissen kommen. Die neuen Erkenntnisse beziehen sich zum einen auf die Sehnsucht das Leben in vollen Zügen zu erleben und zum anderen auf das Erkennen des Potenzials einer feinfühligen und ehrlichen Freundschaft. Der Roman spiegelt das vormalige gestresste Leben des Autors wieder und bereitet der lesenden Person eine Möglichkeit, die Wertschätzung für den Moment im eigenen Leben neu zu etablieren. Wir alle sollten ein kleines wenig mehr Karls Lebensweise in unseren Alltag verankern.