Rezensionen
Der Wind kennt meinen Namen (Isabel Allende)
Ein schön zu lesendes Buch über Verlust und wie man lernt, damit zu leben. Trotz der düsteren Thematik ist die Geschichte, die aus der Sicht der verschiedenen Protagonisten erzählt wird, nicht erdrückend. Das liegt nicht nur an Allendes bewährtem Schreibstil, sondern auch an den liebenswerten Personen, denen man immer wieder begegnet und die den Leser an das Gute im Menschen glauben lassen.
Insgesamt ein ausgezeichneter Roman, der aktuelle und sehr ernste Themen mit Einfühlung und Zuversicht behandelt.
Lesevergnügen in englischer Sprache
Trilogie von Jane Gardam
Lesevergnügen in englischer Sprache!
‚Old Filth‘ erzählt die Geschichte von Sir Edward Feathers. Er blickt auf sein berufliches Leben als Anwalt und Richter in Hongkong und auf seine Ehe mit Betty zurück.
In 'The Man in the Wooden Hat’ kommt seine Frau Betty zu Wort und in ‚Last Friends’ sein Rivale T. Veneering. Beide beschreiben das Leben mit Feathers aus ihrer Perspektive – durchaus mit einigen Überraschungen.
Die fünf Wunden (Kirstin Valdez Quade)
Dieser Roman erzählt von einem Jahr in der Familie Padilla, wohnhaft in einer Kleinstadt in New Mexico. Da gibt es den arbeitslosen Vater, der ziellos durchs Leben driftet; seine fünfzehnjährige hochschwangere Tochter; die Großmutter, einst Powerfrau, aber nun durch einen Gehirntumor gezeichnet, den sie jedoch so lange wie möglich zu verheimlichen sucht. Der Ton ist meistens rau, oft aber auch herzlich. Man versucht, trotz der schwierigen Lebensumstände seinen Alltag zu bewältigen - mehr oder weniger erfolgreich.
Besonders beeindruckend und liebenswert finde ich persönlich die junge Mutter Angel, die so unerschütterlich an eine gute Zukunft für sich und ihr Baby glaubt!
Die Vegetarierin (Han Kang)
Der Nobelpreis für Literatur ging im vergangenen Kalenderjahr 2024 an die Südkoreanerin Han Kang. Wir haben dies zum Anlass genommen und das Buch Die Vegetarierin in unser Sortiment aufgenommen. Das neuerworbene Buch handelt von einer Frau, die an Gewöhnlichkeit nicht zu übertreffen ist, laut ihrem eigenen Ehemann. Bis zu dem Tag, an dem sie sich entscheidet, Vegetarierin zu werden. Die Beziehung ohne Leidenschaft, welche der Büroangestellte und seine Hausfrau miteinander führen, wird im Laufe des Buches, aufgrund der Entscheidung zum Vegetarismus, nicht nur auf die Probe gestellt, sondern nimmt grausame Züge an. Die Kontroverse über die Ernährungsweise der Dame beginnt Wellen zu schlagen und bleibt dem Umfeld nicht lange verborgen.
Kein Buch für schwache Nerven. Viel eher ein Buch für jene, die sich mit den gesellschaftlichen Normen von Südkorea auskennen beziehungsweise Interesse für diese hegen und diese gerne kritisch hinterfragt sehen. Trigger-Warnung: Magersucht.
In den letzten Tagen durften wir zwei weitere Bücher der Autorin in unserem Sortiment willkommen heißen: „Menschenwerk“ und die Neuerscheinung „Unmöglicher Abschied“.
Echtzeitalter (Tonio Schachinger)
Der Gewinner des deutschen Buchpreises des Jahres 2023 ist Tonio Schachinger mit dem Roman Echtzeitalter. Dem gebürtigen österreichischen Autor gelingt es in seinem Werk, durch die zu Beginn kindlichen und im Laufe des Buches die jungen erwachsenen Augen des Wiener Privatschülers Till die gigantischen Unterschiede zweier Welten einzufangen. Die beiden Welten des alten Wiens und dem, für Erwachsene unverständlichen, neuen Internet und der Möglichkeit sich weltweit zu vernetzen könnten unterschiedlicher nicht sein. Das alte Wien ist jenes der Privatschule, in denen der strengste Lehrer der Schule als Klassenvorstand fungiert und den SchülerInnen Disziplin und Kompetenz eintrichtert. Die zweite Welt, die des Internets, fokussiert sich auf den Bereich des Zockens, welches anschaulich auch für Laien verständlich wird. Ein Roman, der mit Raffinesse das neue Zeitalter einfängt und den nachrückenden Generationen eine Stimme leiht.
Blue Sisters (Coco Mellors)
Mit dem neuen Roman „Blue Sisters“ schuf Coco Mellos ein weiteres herausragendes Werk nach ihrem 2022 erschienen Debüt „Cleopatra und Frankenstein“.
Die Blue Sisters sind vier Schwestern, die den Verlust einer von ihnen zu verarbeiten versuchen: Alley, Bonnie, Lucky trauern um Verlust ihrer Schwester Nicole. Alley, die als erfolgreiche Anwältin in London lebt, muss feststellen, dass sie sich selbst in dem Moment verloren hat, als sie von dem Tod von Nicole erfährt. Die erstgeborene Schwester versucht mit allen Mitteln den Schein zu wahren und der Fels in der Brandung zu sein. Bonnie, die einst erfolgreiche Profiboxkämpferin hat ihrer Lebensbestimmung, dem Boxen, den Rücken zugedreht und arbeitet nun als Türsteherin in Los Angeles. Nach dem ersten Jahr ohne ihrer Schwester Nicole erkennt sie, dass das Leben weiter geht, und es keinen Zweck hat, vor ihrer Bestimmung davon zu laufen. Lucky, das weltjettende berühmte Model, betäubt ihren Kummer mit jeglichen Substanzen, welche griffbereit sind. Der Verlust ihrer geliebten Schwester lässt die strauchelnde Lucky nur noch unter großen Mühen das Leben ertragen.
Die drei verbliebenen Schwestern arbeiten händeringend daran das längst verschwundene Licht ihrer Schwester Nicki am Leben zu erhalten. Es ist jedoch vergeblich. Ein Buch für ein junges Publikum, welches sich mit den Fragen des Lebens beschäftigen möchte und sich auf die ein oder andere Sinnkrise einlassen kann. Die Härte mit der die Leben der Schwestern erschüttert wurden, führt zu einem in eine Stagnierung und mündet schlussendlich in einem Lebensdrang der besonderen Art. Das Lesen dieses Buches war eine leichtfüßige Angelegenheit, obwohl es einige fragwürdigere Stellen gibt.
Almost isn't enough (Jennifer Bright)
Jennifer Bright führt ihre LeserInnen in eine kleine Küstenstadt in Amerika in ihrer Buchreihe „Almost isn’t enough“. Die deutsche Autorin schreibt von der Geschichte zweier Liebespaare, welche durch die Höhen und Tiefen des frischen Erwachsenenlebens führt. Die Dilogie erzählt im ersten Band von Summer, einer jungen Kitesurferin, die schwere Schicksalsschläge hinter sich hat und dennoch versucht das Beste aus ihrem Leben zu machen. Als Ares, der Sohn des neuen Polizeichefs, auf der Universität erscheint, verändert sich ihr Leben schlagartig. Die Hassliebe zwischen den beiden jungen Erwachsenen ist eine kribbelige Angelegenheit.
In dem zweiten Buch der Reihe steht ein anderes Liebespaar im Fokus. Um keine Spoiler zu generieren, empfehlen wir, die Reihe in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Eine Dilogie, die einen ähnlichen Vibe versprüht wie Colleen Hoover. Eine Leseempfehlung für jene LeserInnen, welche sich gerne in kitschigen Liebesromanen verlieren und eine Begeisterung für das Dramatische hegen.
Kalte Füße (Francesca Melandri)
Sie sind es leid Nachrichten zu lesen und sich mit dem Krieg in der Ukraine zu befassen? Wir empfehlen Ihnen dieses Buch trotzdem, oder eben gerade deswegen! Auf den ersten Blick ist es ein vielschichtiger Roman über die eigene Familiengeschichte und die Vergangenheit des Vaters im zweiten Weltkrieg. Auf den zweiten Blick entdeckt die lesende Person die Fragwürdigkeit des Faktums, die Rolle von Italien im zweiten Weltkrieg und dessen Verbindung zum vermeintlichen Einmarsch in Russland. Zwischen der aktuellen Zeit und den derzeitigen Geschehnissen tänzelt Frau Melandri geschickt hinüber in die Vergangenheit, die Jugend mit ihrem Vater und auch die geopolitische Geschehnisse. Ein berührender und aufwühlender Roman, der sich mit eingeschlichenen Narrativen befasst. Lesen Sie diesen Roman, wenn Sie die Gedanken einer Tochter zum Faschismus des Vaters hören möchten. Aber lesen Sie diesen Roman auch, wenn Sie einen gut recherchierten historisch anmutenden Roman wertschätzen können.
Die schönste Version (Ruth-Maria Thomas)
Ein schwieriger Roman, der in seiner Schauerlichkeit seines gleichen sucht. Die Realität von zu vielen jungen Mädchen bekommt durch diesen Roman eine längst notwendige Bühne geboten. Jella und Yannik sind ein vermeintlich perfektes Paar, bis die Risse, die sich durch die Beziehung ziehen, das aufgebaute Konstrukt zum Einstürzen bringen. Jella, die aus einem geschiedenen Elternhaus kommt, versucht sich das Leben als junges Mädchen ohne starken Frauenrollen zu erschließen. Im Fokus stehen zumeist Jungs, denen sie gefallen möchte, um sich wertvoll und geliebt zu fühlen. Yannik ist älter und ein Künstler, der für Jella zu Beginn der großartigste Mann überhaupt ist. Ein spitzformulierter Roman, der in seiner Detailliertheit Unbehagen auslösen kann.
In einem Zug (Daniel Glattauer)
Sie suchen ein amüsantes Buch für zwischendurch? Dann greifen Sie zu dem neuerschienenen Roman von Daniel Glattauer. Ein Autor, der bereits auf dem absteigenden Ast der Berühmtheit wandelt, befindet sich auf dem Weg nach München zu seinem Verlag. Ein unangenehmes Gespräch erwartet ihn und dann lernt er auf der Zugfahrt auch noch eine Frau kennen, die unbedingt mit ihm über die Liebe sprechen möchte. Eine amüsante Lektüre mit einigen feinen Zeilen, die der Sprachgewandtheit von Glattauer entsprechen. Mit kleinen Lachern zwischendurch lädt Glattauer die Lesenden auf eine Kennenlerngeschichte der etwas anderen Art ein.